Design in Shanghai – Teil 1

Frank Sinatra – Oh, ich muss gestehen, dass ich ein großer Fan von ihm bin, singt in seinem berühmten Song „ New York, New York“ über die Stadt, die niemals schläft. Vielleicht war Franky niemals in Shanghai und wenn doch, hat er zu seinen Lebzeiten die rasante Entwicklung dieser Metropole nicht mehr erleben können, weil sie erst in den letzten 20 Jahren diesen Boom erfuhr. Sicherlich hätte er sonst einen ähnlichen coolen Song über diese Stadt verfasst und gesungen. Da bin ich mir sicher.

Auch ich kam am Ende meiner Chinareise in eben dieser Stadt an. Und was soll ich sagen? Am ersten Tag war es so diesig und nebelig, dass ich nichts von der imposanten Skyline sehen konnte. Ich war regelrecht enttäuscht und fragte mich – verliebt in die Skyline von Chicago -, was die Welt so Besonderes an Shanghai findet?

Am zweiten Tag jedoch war der Nebel gänzlich verschwunden. Ich musste meine voreilig gefasste Meinung revidieren und konnte vom Bund aus die hoch in den Himmel ragenden Gebäude bewundern. Als es langsam dunkel wurde, gingen die Lichter im Pudong an und ein farbenfrohes Spektakel erleuchtete den Himmel über Shanghai.

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An diesem Abend zog es uns in ein auf dem BUND gelegenes Restaurant, das vom
Neri & Hu Design Research Office
aus Shanghai entworfen wurde. Der Bund ist eine der bekanntesten Uferpromonaden und neben der Skyline eine der größten Touristenattraktionen der Stadt. Er wird gesäumt von prachtvollen Kolonialbauten aus dem 19. Jahrhundert. Im Gebäude 3, auch genannt „ Three on the Bund“, befindet sich das Restaurant „Mercato“. Neri & Hu, das junge Architektenpaar aus Shanghai, erregte meine Aufmerksamkeit spätestens auf der diesjährigen Möbelmesse in Köln.
Für die imm Cologne entwarfen sie das faszinierende Konzept „ House on Stage“. (Blogbeitrag vom Januar 2015)

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Betritt man das Restaurant durch die breite Schiebemetalltür, die aus horizontalen Stahlstreifen besteht und von Schriftzügen durchsetzt ist, wirkt der große Raum sowohl dunkel als auch gemütlich. Das ist zum einen dem dunklen Holz, welches für das gesamte Interieur verwendet wurde, als auch der sehr zurückhaltenden Beleuchtung geschuldet. Der große offene Raum wirkt daher, trotz seiner Größe, sehr einladend und warm. Einziger Wehmutstropfen: durch die geringe Beleuchtung wird das Konzept nicht so einfach sichtbar. Neri & Hu haben den Raum völlig von den vielen vorherigen Umbauten befreit und brachten die Schönheit der ursprünglichen Stahlkonstruktion gekonnt wieder zum Vorschein. Das Konzept wurde konsequent durchgehalten, sogar die Betonpfeiler wurden in ihrer Ursprünglichkeit erhalten. Keine Frage also, dass auch die gesamte Lüftungstechnik nicht versteckt wurde. Alle neuen Elemente grenzen sich völlig von der bestehenden Struktur ab.

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Das sehr gelungene Konzept spielt mit dem Charakter eines Marktes (ital. Mercato).
Die beiden Bars in der Mitte des großen Raumes werden gefasst von einem schwarzen Stahlregal aus Industriestahl, das vom Deckenelement aus recyceltem Holz herabhängt. Auch die runden Glaslampen über den Bartischen versprühen den Charme von Straßenlaternen. Sitzt man wie wir an der „Pizzabar“ – gleich Gästen, die spontan und ohne Tischreservierung ins Mercato kommen – kann man das professionelle Treiben der Angestellten beobachten.

Fast hätte ich es vergessen bei all meiner Schwärmerei über die Innenarchitektur des Mercatos…. das Essen ist äußerst lecker und ein Besuch sehr empfehlenswert. Der Inhaber des Restaurants ist übrigens der Sternekoch Jean-Georges Vongerichten. Er besitzt in elf verschiedenen Ländern dreißig Restaurants. Die meisten davon in den USA.

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