Ein kleines Dorf, 90 km von Beijing entfernt, weckte im Vorfeld meiner China Reise meine Aufmerksamkeit. Und ein Tag Verlängerung in Beijing machte es möglich „Cuan Di Xia“ zu besuchen. Bald sollte ich feststellen, dass es unmöglich war, den Namen des Dorfes in Chinesisch auszusprechen – doch alles der Reihe nach.
Wir hatten uns bereits an das quirlige Leben im alten Beijing gewöhnt und die verbotene Stadt, die bedeutendsten buddhistischen Tempelanlagen sowie die chinesische Mauer bewundert, als wir uns am Morgen des fünften Tage unserer Reise auf den Weg in das Dorf Cuan Di Xia begaben. Ein Reiseleiter samt Fahrer war organisiert und holte uns von unserem Hotel ab. Li Xin hatte in China Germanistik studiert. So konnten wir uns hervorragend in unserer Muttersprache mit ihm unterhalten. Wie an den anderen Tagen zuvor schien die Sonne und den berühmt, berüchtigten Beijinger Smog, hatten wir zum Glück, immer noch nicht erlebt. Die Autofahrt dauerte gut zwei Stunden, wobei die letzte halbe Stunde schon in den Bergen auf kurvenreichen Straßen bergauf verlief.
Dieses Dorf in den Bergen zog mich in seinen Bann, da seine Lage die vier Tierformationen aus der Formenschule des Feng Shui auf eindrucksvolle Weise widerspiegelt. Als eine der ältesten Schulen im Feng Shui basiert ihr Wissen auf Naturbeobachtungen. Die alten Feng Shui Meister Chinas lehrten, dass dem Menschen Glück beschieden ist, wenn er in Harmonie mit der Natur lebt. Die vier Tierformationen beschreiben die Harmonie mit der Natur. Sie wird am einfachsten erreicht, wenn sich ein schützender Berg im Rücken des Hauses befindet (die schwarze Schildkröte) und der Bergausläufer das Haus sanft in einer „Umarmung“ umschließt. Diese Bergausläufer sind der „grüne Drachen“ auf der linken Seite und der „weiße Tiger“ auf der rechten Seite. Dabei sollte der linke Bergausläufer immer etwas höher sein, um den Tiger auf der rechten Seite in Schach zu halten.
Genau dies ist der Fall im Dorf „Cuan Di Xia“. Es wird phantastisch von der Umgebung der Bergformationen „umarmt“ und schmiegt sich mit seinen terrassenförmigen Abstufungen an den Berg an. In der Vergangenheit schlängelte sich zusätzlich ein Fluss um das Dorf und aktivierte die gute Landschaftsenergie. Heute fließt der Fluss nur noch „unterirdisch“ denn eine Strasse wurde genau an dessen Stelle gebaut und folgt dem ehemaligen Flussverlauf. Aber auch die Strasse, wird in der modernen Übersetzung des Feng Shui als Fluss interpretiert und somit kann auch der Straßenverlauf die Energie immer noch aktivieren.
Der „rote Phönix“ wird als der Bereich vor dem Haus bezeichnet, wo sich das Qi sammeln kann. Deshalb sollte dieser „ Helle Saal“, wie der freie Platz vor dem Haus auch bezeichnet wird, nicht fehlen und Großzügigkeit ausstrahlen. Auch dieser Aspekt ist in Cuan Di Xia gegeben, wie man auf den obigen Fotos erkennen kann. Die Häuser des Dorfes stammen aus der Ming (1368-1644) und aus der Qing Dynastie (1644-1912) und in all den Jahrhunderten hat das Dorf seine Struktur behalten und genießt die harmonische Energie der vier Himmlischen Tiere. Heute leben noch ca. 70 Familien in dem Dorf und beziehen ihr Einkommen fast ausschließlich aus dem Tourismus.
Am Ende unsere „Dorfbesichtigung“ wurden wir von einem freundlichen Gastgeber gebeten in seinem Hofhaus zu speisen. Wir stellten den Tisch in die Sonne und die Frau des Hauses verwöhnte uns mit wohlschmeckenden regionalen Gerichten. Dazu gab es reichlich grünen Tee. Meinen Luopan (chinesischer Kompass) im Gepäck fragte ich den Besitzer, ob ich seine Eingangstür messen dürfte. Er kannte den Luopan und war begeistert eine Europäerin in seinem Haus zu haben, die vertraut ist, mit der Wissenschaft vom Einfluss der Natur auf den Menschen, vertraut mit Feng Shui!